Kennt ihr das, wenn euch Adrenalin durch den Körper jagt und euch aufputscht, als wärt ihr auf Speed? Ich hatte diesen Moment letzten Sonntag und mit diesem Moment wurde eine ziemlich üble Woche eingeläutet.
Mein Mann ist die Kellertreppe runtergestürzt. Mit zwei Kisten in der Hand hat er das Gleichgewicht verloren. Das Resultat sah nicht gut aus, der Fuß hing irgendwie komisch weg und man konnte schon erahnen, dass es innen drin ähnlich aussah wie auf der Kellertreppe: 100 Einzelteile zerstreut und überall. „Ich glaub, ich hab mir den Fuß gebrochen.“ Mmh, ja.
Er kam ins Krankenhaus und wurde noch am gleichen Abend operiert, um das zerbröselte Sprunggelenk zu stabilisieren.
Als Angehörige darfst du nicht ins Krankenhaus, weshalb in Zeiten von Corona der Austausch von Dingen ähnlich wie im Knast funktioniert, nur dass man die Sachen nicht zum Fenster hinauf werden muss, sondern immerhin am Empfang abgeben bzw. abholen darf. Man kann das alles natürlich wuppen und es wäre auch nicht so schlimm gewesen, wenn nicht am Mittwoch der Vater meines Mannes gestorben wäre. Er hatte zu Weihnachten Corona, das Koma und die akute Krankheit überstanden, aber seine zuvor schon angeschlagene Lunge und sein kaputtes Herz haben nicht lange darüber hinaus durchhalten können.
Wie soll man trauern, wenn man nie alleine ist bzw. umgeben von Fremden? Ich kenne dieses schlimme Gefühl aus eigener Erfahrung, die Todesnachricht meiner Schwester hat mich in einem Zugabteil erreicht, umgeben von Menschen. Das ist einer der traumatischsten Momente gewesen, da ich meine Gefühle so stark kontrollieren musste. Auch damals peitschte das Adrenalin durch meinen Körper und hat mich funktionieren lassen.
Es tat mir so unendlich leid für meinen Mann. Und ich wäre so gerne zu ihm, um ihn zu trösten. Er ist zum Glück sehr gefasst gewesen, weil er sich schon an Weihnachten damit auseinandersetzen musste, dass dieser Fall eintritt. Dennoch hofft man natürlich immer. Immer!
Gleichzeitig kämpft sich meine Mutter durch eine üble Chemotherapie und hatte letzte Woche die bisher schlimmste Phase.
Ich versuche, optimistisch zu sein und auch die guten Dinge zu sehen, die passieren. Dass mein Schwager sich um vieles kümmern kann, ist jetzt hilfreich. Und dass mein Mann heute wieder nach Hause kommt und es in gewisser Weise ein Glück ist, dass er aufgrund von Corona ohnehin im Home Office ist – und ich auch! So kann ich ihm helfen und gemeinsam stehen wir auch das durch.